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Trauer um Peter Scholl-Latour

19.08.2014

Er war ein großer Journalist, der seiner Zeit in vielem voraus war und für Jahrzehnte das Gesicht des deutschen Fernsehens aus Krisen- und Kriegsgebieten. Er war überzeugter Anhänger eines unabhängigen Journalismus, dessen Hauptaufgabe die Recherche ist. Und er hat sich immer dafür eingesetzt, dass Journalisten ihren Auftrag und ihre wichtige Funktion in einer Demokratie auch wahrnehmen können. Peter Scholl-Latour wurde als 25-Jähriger Mitglied des Saarländischen Journalistenverbandes, da befand sich der Deutsche Journalistenverband noch in der Gründung, und er blieb uns und dem Saarland bis zu seinem Tod treu. Im April, zu seinem 90. Geburtstag, haben wir ihm die damals gerade neu gestaltete goldene Ehrennadel des SJV überreicht. Der Grand Seigneur des deutschen Journalismus hat hier im Saarland seinen Beruf von der Pike auf gelernt: als Volontär bei der Saarbrücker Zeitung. Und er war kurzzeitig Regierungssprecher in der Staatskanzlei. Seine Zeit hier im Saarland war für ihn prägend, wie er immer wieder erzählt hat. Prägend für seinen weiteren Lebensweg, Völker zu verstehen und Grenzen zu überschreiten. Peter Scholl-Latour war immer auch ein Motor der Deutsch-Französischen Freundschaft und er hat bis an sein Lebensende immer wieder für Völkerverständigung geworben. Besonders gerne ist er Einladungen der Siebenpfeiffer-Stiftung ins Saarland gefolgt, und die Vorträge und Diskussionsabende mit dem Experten für Ostasien und den Nahen Osten mussten oft genug in einen größeren Saal verlegt werden, so groß war das Interesse. Meine letzte Begegnung mit ihm war im Homburger Saalbau. Der platzte aus allen Nähten, dabei war die Veranstaltung „Aufbruch in der arabischen Welt“ schon vom Forum dorthin verlegt worden. Mucksmäuschenstill war es, als der Scholl-Latour uns mit einem leichten Nuscheln in eine andere Welt mit nahm, uns wie nebenbei Geschichtsunterricht gab, weil er immer davon ausging, dass man die Wurzeln kennen muss, um die „Triebe“, das jetzt Sichtbare zu verstehen. Keine Sekunde langweilig war das. Nicht nur ich habe mich gefragt: Wo holt der das denn alles her? Und dann in dem Alter??? Denn da war Peter Scholl Latour schon 87. Aber noch kein bisschen müde! Bloß ein bisschen schwerhörig. Und deshalb durfte ich dann auch vermitteln, dolmetschen – zwischen dem Publikum mit seinen Fragen und dem Experten, der die aus dem Saal rein akustisch einfach nicht mehr verstehen konnte. Das war für uns beide eine ganz neue Erfahrung, und es hat mich sehr beeindruckt, dass Peter Scholl-Latour sich darauf eingelassen hat. Jeder andere hätte seine „Schwäche“ kaschiert und Publikumsfragen einfach nicht zugelassen. Wir haben mit Peter Scholl-Latour einen großartigen Kollegen verloren, der sich immer auch für die Zukunft des Journalismus und für den journalistischen Nachwuchs interessiert hat. Er wird uns fehlen! Ulli Wagner
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